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Was kann der adidas Adizero Adios Pro?

Bereits 2016 brachte Nike den ersten Laufschuh mit Carbonsohle, den „Vaporfly“ auf den Markt. Folgerichtig, aber ein wenig spät, zog der Konkurrent adidas nach und brachte im September letzten Jahres den adidas Adizero Adios Pro auf den Markt.

Im Schatten der herausragenden Leistungen der Nike-Athleten in den carbonverstärkten Schuhen wurde es lange still. Doch dann sorgte die kenianische Athletin Peres Jepchirchir für ein Ausrufezeichen. Ihr gelang es, mit dem frischen Modell in Valencia den Weltrekord auf der Halbmarathondistanz zu pulverisieren, in sage und schreibe 01:05:34 Stunden.

Wir sind der Meinung, das ist Grund genug, den neuen Weltrekordschuh mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Es folgt ein kleiner Erfahrungsbericht von Marcel und Jonas, die dem Schuh mit den drei Streifen etwas mehr Aufmerksamkeit geschenkt haben.

Wer schreibt hier?

Im heutigen Bericht habe ich – Jonas – mir ein paar Gedanken zum Adios Pro gemacht.
Ich bin Sportstudent an der Uni Bielefeld, Triathlet und Langstreckenläufer aus Ahlen.

Aus läuferischer Sicht bin ich sowohl auf kürzeren Strecken (5 oder 10 km) als auch auf längeren Distanzen gut aufgehoben. Anknüpfend an die Erfahrungen von Tims Bericht über den Vaporfly versuche ich euch heute mal seinen vielleicht ärgsten Konkurrenten vorzustellen.

Viel Spaß beim Lesen. Weiter gehts!

Bevor wir zu den Eigenschaften des Schuhs kommen, hier ein paar ,,technische Daten“ zum neuen Flaggschiff von adidas.

Numbers & Facts

Der Schuh wiegt laut Hersteller 225 g, hat eine Sprengung (Unterschied zwischen vorderem und hinterem Teil des Schuhs) von 8,5 mm und ist mit einem neu entwickelten Dämpfungsmaterial namens Lightstrike ausgestattet. Dieses bildet gleichzeitig wohl den markantesten Teil des Schuhs, man schaue sich nur die für carbonverstärkte Laufschuhe typisch dicke Sohle an. Im Gegensatz zum amerikanischen Hersteller bedient sich adidas keiner durchgehenden Carbonsohle, sondern setzt auf eine zweiteilige Technologie mit Carbonstiften (die sogenannten „Energy Rods“) und einer Carbonplatte.

Das biomechanische Argument lautet hier: Die fünf Stifte sollen die einzelnen Zehen beim Abdruck reaktiv unterstützen und für Steifheit sorgen bzw. Energieverluste durch unnötige Fußbewegungen minimieren. Zusätzlich ist im Bereich der Ferse eine Carbonverstärkung in Form einer Platte integriert, von welcher auch Fersenläufer profitieren können. Das Obermaterial besteht aus sehr leichtem Mesh und sorgt durch die sehr luftdurchlässige Struktur für eine gute Belüftung. Gerade das Obermaterial mag ich an den Modellen des Herstellers sehr, und auch hier schmiegt sich der Schuh eng an meine Fußform an.  Bleibt aus technischer Perspektive noch der Blick unter den Schuh.

Dort ist im Bereich des Vorfuß sowie der Ferse ein leichtes Gummi aufgeklebt, welches auf den ersten Blick nicht sehr viel Grip zu versprechen scheint. Um es vorsichtig zu formulieren: Auch wir, die Pacer, sind dem Hype um die carbonverstärkten Laufschuhe nicht entkommen. Ach so, gekostet hat uns der Schuh natürlich auch was: 200 € muss man derzeit für solch einen ,,Tempobolzer“ auf den Tisch legen, damit ist er im Vergleich zum Vaporfly von Nike 75,00 € günstiger.

Innerhalb unserer Crew sind mehrere dieser vertreten. Beispielsweise laufen Tim und Marvin den Nike Vaporfly und den Nike Air Zoom Tempo Next %, Uli ist mit dem Saucony Endorphin Pro unterwegs und Marcel und ich haben uns für den Adizero Adios Pro entschieden. Welche Erfahrungen wir mit diesem Schuh bereits machen konnten, dazu komme ich im Folgenden.

Wie gefällt uns der neue Wunderschuh mit den drei Streifen?

Marcels erster Eindruck fällt so aus: Angenehm aber ungewohnt. Das führt er vor allem auf die hohe Sohle und die Verarbeitung weicher Materialien zurück.
Seine Aussage klingt plausibel: Der Schuh bringt denjenigen am meisten, die sowieso schon auf dem Mittel-, besser sogar Vorfuß laufen. Zudem kann er seine volle Stärke meist nur auf Asphalt ausspielen, dagegen ist er schon auf Radwegen mit Splitt, wie sie u. a. an der Regattabahn vorzufinden sind, nicht unbedingt zuhause. Marcel konnte in der Vergangenheit einige schnelle Einheiten mit dem Schuh absolvieren und sieht den größten Vorteil bei einem 7 bis 16 km langen Tempodauerlauf. Hier berichtet er von einem sehr guten Gefühl nach dem Lauf. Sein Performance-Fazit fällt also folgendermaßen aus: „Mit dem Schuh kann man echt lange schnell laufen!“.

Das Preis- Leistungs- Verhältnis ist seiner Meinung nach gerechtfertigt. Ein gewichtiges Argument für den adidas dürfte auch die von Marcel ausgemachte und „im Gegensatz zum Hersteller Nike bessere Haltbarkeit der Schuhe“ sein.

So viele Kilometer wie Marcel habe ich im Carbon-Racer noch nicht zurücklegen können, jedoch teile ich meine Erfahrung aus gegebenem Anlass gerne. Was mich beim ersten Tragen verwundert hat, war die Verbindung der Zunge mit dem Schaft des Schuhs. Dadurch kommt man etwas beschwerlicher in den Schuh hinein, aber auch das ist nur Gewöhnungssache.

Im Schuh selbst fühlt man sich, als würde man auf einem Flummi stehen.
Man spürt schon beim Stehen, dass sich unter den Zehen das Herzstück des Schuhs befindet, schon jetzt hat man Bock, schnell zu laufen. Auch die weit verbreitete Empfindung, sofort nach vorne auf den Vorfuß zu kippen, kann ich absolut bestätigen. Aus meiner Sicht bietet der Schuh einen enormen Tragekomfort, der durch das leichte Mesh-Material entsteht.

Ich muss zugeben, dass ich den Porsche 911 unter den Laufschuhen nicht unter Laborbedingungen gelaufen bin, das heißt bei Schnee. Aber genauso einzigartig wie der Schnee für unsereins in den hiesigen Breitengraden ist, ist auch das Laufgefühl gewesen. Klar ist: Mehr noch als jeder andere flache Race-Schuh hatte der Adios Pro mit der Traktion zu kämpfen. Ich habe jedoch feststellen können, dass er auf den schneefreien Stücken einen dynamischen Laufstil mit weniger Kraftaufwand ermöglicht. An die außergewöhnliche Dämpfung werde ich mich noch gewöhnen müssen. Die Annahme, dass der Abdruck auf dem Vor- bzw. Mittelfuß um ein Vielfaches reaktiver ist, hat sich bestätigt. Vor allen Dingen unter dem großen Zeh sorgt das Carbon meinem Empfinden nach für eine bessere Laufökonomie.

Fazit

Ich bin sehr positiv überrascht von diesem Hightech-Produkt und schließe mich zunächst einmal Marcel an, auch was das Preis-Leistungs-Verhältnis betrifft. Ich denke, dass dieses Produkt für viele Läufer unter uns eine echte Waffe darstellt. Das Laufgefühl mit dem Schuh ist ein völlig Neuartiges, welches man von anderen adidas-Modellen so noch nie geboten bekommen hat. Eine gleichwertige Alternative zum größten Konkurrenten – dem Vaporfly – stellt er auf jeden Fall dar. Wenn der Adios Pro in Sachen Haltbarkeit das verspricht, was adidas ankündigt, dann hat dieser vielleicht sogar die Nase vorn. Mehr dazu dann nach ein paar Monaten und noch mehr gelaufenen Kilometern im Wunderschuh.

Zum Schluss vielleicht noch ein kleiner Tipp: Nutzt in einer Trainingseinheit doch erst einen schnellen Schuh ohne Carbon-Material und absolviert die finalen Meter mit diesem Rennschlappen. Das wird euch zum Pacer werden lassen und verspricht wesentlich mehr Endorphine!

In diesem Sinne: Carbon und Laktat macht die Kombination!